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Angst, etwas zu verpassen – wie Social Media FOMO verstärkt und unsere Psyche belastet

Kennst du das Gefühl, wenn du dein Handy in die Hand nimmst, dich durch deinen Instagram-Feed und die zahlreichen Stories klickst und plötzlich merkst: „Alle sind gerade unterwegs, nur ich sitze hier.“ Jemand postet ein Bild von einer Party, zu der du nicht eingeladen warst, oder deine gesamte TikTok For-You-Page zeigt Videos, wie alle bei einem Event in deiner Stadt sind und Spaß haben. Schnell reflektierst du den Gedanken: „Was mache ich hier eigentlich, warum nicht ich?“ Dieses unangenehme Gefühl, welches mit solchen Gedanken einhergeht, hat einen Namen: Fear of Missing Out (kurz FOMO) – die Angst, etwas zu verpassen. Dies ist kein neuartiges Phänomen, das Bedürfnis dazuzugehören begleitet uns Menschen seit jeher. Doch in Zeiten von Social Media ist die Angst, etwas zu verpassen, kein Randphänomen mehr. FOMO gewinnt immer mehr an Bedeutung und prägt unseren Alltag stärker denn je: Nie war es so leicht zu sehen, was andere erleben, wie sie leben und wo wir nicht dabei sind. In diesem Blogbeitrag betrachten wir, was genau FOMO ist, warum gerade Social-Media-Plattformen sie verstärken, was das mit unserer Psyche macht und wie wir damit umgehen können.

Angst, etwas zu verpassen – wie Social Media FOMO verstärkt und unsere Psyche belastet

Was genau ist FOMO und warum entsteht sie? 

Allgemeine Definition

Der Begriff Fear of Missing Out (FOMO) wurde in der Literatur vor allem durch Przybylski et al. (2013) empirisch greifbar gemacht und beschreibt das beständige Gefühl, dass andere bereichernde Erfahrungen machen, die man selbst nicht erlebt. Dieses Gefühl ist mit dem starken Bedürfnis verbunden, ständig darüber informiert zu bleiben, was andere gerade tun (Przybylski et al., 2013; Roberts & David, 2019).

FOMO ist damit mehr als Neugier: Es ist soziale Angst vor Ausschluss und das Bewusstsein, dass woanders etwas passiert, zu dem man selbst keinen Zugang hat oder nicht Teil davon ist. Das damit verbundene Informationsstreben ist heute durch Smartphones und Social-Media-Plattformen jederzeit umsetzbar: Wir öffnen eine App, sehen eine Story oder einen Post und sind in Sekunden in einem Netzwerk aus Beiträgen, Kontakten und Informationen. Das grundlegende soziale Phänomen FOMO wird durch Social Media also verstärkt und schlägt sich in Gewohnheiten nieder, sei es das fortwährende Prüfen von Feeds, Posts und Stories auf Social-Media-Plattformen oder das Swipen durch eine Menge von Inhalten, um keine Informationen in den sozialen Netzwerken zu verpassen (Gupta & Sharma, 2021; Roberts & David, 2019).

Warum entsteht FOMO?

FOMO im Rahmen der Selbstbestimmungstheorie

Psychologisch lässt sich FOMO gut im Rahmen der Selbstbestimmungstheorie (Self-Determination Theory, Deci & Ryan, 1985) verstehen: Menschen haben das Bedürfnis nach

  • Zugehörigkeit, also das Gefühl, sozial eingebunden zu sein
  • Kompetenz, das Gefühl, wirksam zu sein
  • Autonomie, das Gefühl, selbstbestimmt zu handeln.

Unser Wohlbefinden hängt stark davon ab, ob diese Bedürfnisse erfüllt sind. Ist eines der Bedürfnisse nicht erfüllt, etwa Zugehörigkeit, wenn wir uns ausgeschlossen fühlen, reagiert unser Gehirn mit Stress (Milyavskaya et al., 2018; Przybylski et al., 2013). Neurowissenschaftlich zeigt sich, dass sozialer Ausschluss Hirnareale aktiviert, die denen von körperlichem Schmerz ähneln (Eisenberger et al., 2004). Es ist also kein Wunder, dass sich ein einziges Bild auf Instagram, bei dem wir „nicht dabei waren“ wie ein Stich anfühlen kann.

FOMO durch soziale Vergleiche

Wir Menschen sind soziale Wesen. Wir vergleichen uns, um unseren Platz in Gruppen zu finden: Früher war das der Klassenraum, der Sportverein oder die Tratschrunde. Im digitalen Zeitalter sind es Medien und Netzwerke mit globaler Reichweite, auf welchen diese Vergleiche schnell zur Dauerbelastung werden können. Auf Social-Media-Plattformen sehen wir die Beiträge vieler Menschen gleichzeitig: Bearbeitete Bilder, kurze Videos, die besten Momente. Da kann das eigene Leben schnell unspektakulär wirken. Je intensiver wir Social-Media-Plattformen nutzen und je mehr Bilder und Videos anderer in unser Blickfeld geraten, desto leichter entstehen soziale Vergleiche und FOMO (Roberts & David, 2019).

FOMO durch Verlustaversion

Auch der psychologische Mechanismus der Verlustaversion spielt eine Rolle: Nach Kahneman und Tversky (1979) gewichten Menschen Verluste stärker als gleichwertig große Gewinne. Wenn wir glauben, eine Chance, eine Erfahrung, ein Erlebnis zu verpassen, fühlen wir uns bedroht. Dies führt oftmals zu irrationalen Entscheidungen, nur um nichts zu verpassen.

In welchen Bereichen tritt FOMO auf?

Auch wenn der Begriff zunehmend in den vergangenen Jahren in den sozialen Medien an Bedeutung gewonnen hat, ist FOMO kein digitales Phänomen, sondern beginnt im echten Leben und wird darauf aufbauend in verschiedenen Bereichen wie im Marketing und auf Social-Media-Plattformen genutzt und somit verstärkt.

Smartphone mit Social Media Applikationen

FOMO im echten Leben – die Basis

Menschen empfinden schon immer Angst davor, ausgeschlossen zu werden (Gruter & Masters, 1986). Im echten Leben ist dieses Gefühl also alles andere als neu und tritt zum Beispiel auf, wenn du mitbekommst, dass sich deine Freund:innen ohne dich treffen. Das grundlegende Gefühl und die negativen Gedanken entstehen also ganz unabhängig von Social-Media-Plattformen und Medien. FOMO kann dabei sogar vorkommen, obwohl wir selbst abgesagt haben, weil wir uns in Gedanken ein Bild ausmalen, was „dort“ passiert und unser „hier“ abwerten (Milyavskaya et al., 2018).

FOMO tritt also auch oft bei persönlichen Entscheidungen auf: Selbst wenn du dich eigenständig für eine Option entschieden hast – beispielsweise dafür, nicht zu einem Treffen zu kommen – kann schnell das Gefühl aufkommen: „Da hätte ich doch dabei sein sollen!“, oder „Was, wenn das andere doch die bessere Wahl gewesen wäre?“. Diese spezielle Form vom FOMO beschreibt die Angst, durch eine Entscheidung eine bessere Möglichkeit zu verpassen und wird FOBO (Fear of Better Options) genannt (McGinnis, o. J.). In einer Welt mit unendlichen Informationen, Chancen und Vergleichsmöglichkeiten fällt es in vielen Lebensbereichen schwer, „gut genug“ zu entscheiden.

Figur inmitten mehrerer Optionen

FOMO im Konsum und Marketing

Auch Unternehmen greifen auf das Phänomen FOMO zurück und setzen diese in ihrem Marketing gezielt zu ihrem Vorteil ein: Countdown-Timer auf Websites, begrenzte Anzahl von Plätzen oder Produkten, „Nur heute“. Solche Marketingstrategien aktivieren unser Verlustbewusstsein, erzeugen den Druck, man könne etwas verpassen und steigern so Kaufimpulse. Wer nicht reagiert, läuft Gefahr außen vor zu sein und ein scheinbar einmaliges Angebot zu verpassen (ionos, o. J.). Solche Marketingstrategien, wie sie auf vielen Websites zu sehen sind, können durch Verlustaversion (Kahneman & Tversky, 1979) dazu führen, dass Kund:innen emotionale und spontane Entscheidungen treffen, weil sie Angst haben, sich eine Möglichkeit entgehen zu lassen.

FOMO in der digitalen Welt  

Was im echten Leben beginnt, bekommt durch die sozialen Medien eine völlig neue Dimension: Mit Social-Media-Plattformen wie Instagram, Facebook, TikTok oder Youtube ist FOMO zur Dauerbegleiterin geworden. Fast in Echtzeit bekommen wir über unsere Handys permanent eine Menge an Informationen darüber, was andere Leute, ob Freund:innen oder Unbekannte, gerade erleben. Stories, Bilder und Videos vermitteln uns eine Welt, die scheinbar voller Erlebnisse und Spaß ist.

Doch dieser Eindruck entsteht nicht zufällig, sondern wird durch die Plattformen bewusst erzielt.

Smartphone mit Instagram Feed

Wie Social-Media-Plattformen FOMO verstärken

Social-Media-Plattformen sind darauf ausgelegt, die Aufmerksamkeit der Nutzer:innen zu binden (Distart, o.J.). FOMO entsteht dabei nicht zufällig, sondern ist Teil des Systems und kommt bewusst zum Einsatz. Endlos-Feeds, Instagram-Stories mit Ablauf, Push-Benachrichtigungen, algorithmische Sortierung von emotionalen Inhalten … all das hält uns „dran“. Das Ergebnis: häufiger Check der Plattformen, mehr Bilder und Videos und damit eine höhere FOMO-Gefahr.

Algorithmen und Emotionen

Algorithmen priorisieren Inhalte mit hoher Interaktion. Social-Media-Plattformen zeigen daher vor allem Bilder und Videos, die starke Emotionen wecken: Positive Emotionen wie Freude und Bewunderung, aber auch negative Emotionen wie Neid oder Sehnsucht. Diese Inhalte sorgen zwar für mehr Reichweite und verlängern die Verweildauer, verstärken aber auch soziale Vergleiche. Dadurch verschiebt sich unsere Sicht, denn im Vergleich zur hohen Anzahl an „Highlights“ anderer, wirkt unser Alltag zu ruhig. Auch Studien zeigen, dass Social-Media-Plattformen durch algorithmische Verstärkung von Highlights und Erfolgen das Gefühl erzeugen, andere würden „mehr leben“. Diese Form der Auswahl an Content ist kein neutraler Spiegel der Welt, sondern ein gezielter Mechanismus, der unsere Motivation zum Scrollen hochhält (Gupta & Sharma, 2021).

Verzerrte Realität

Auf Social-Media-Plattformen zeigen Menschen selten den gesamten Inhalt ihres Lebens, sondern meist nur ihre besten Seiten: Freundschaften, Reisen, Events. Unser Gehirn vergleicht diese Ausschnitte automatisch mit unserem Alltag und verzerrt unsere Wahrnehmung: Viel „Glanz“ der anderen, wenig eigener Wert. Wir sehen die Aktivitäten und Freude aller anderen und unterschätzen dabei, wie viele ruhige, einsame oder langweilige Momente auch dort existieren. Schnell gerät in Vergessenheit, dass Momente auf den sozialen Medien meist gefiltert, bearbeitet und inszeniert sind und nur in den seltensten Fällen die Realität abbilden (Steers et al., 2014). Wie eigene Erfahrungen zeigen, werden selbst Ansätze wie BeReal, eine Social-Media-Plattform, die ihren Fokus ursprünglich darauf legte, dass Nutzer:innen spontan einen realen und authentischen Einblick in ihr Leben geben, mittlerweile so genutzt, dass Highlights dominieren.

Dauerhafte Erreichbarkeit

Social-Media-Plattformen schaffen den Eindruck permanenter Gemeinschaft. Wir wissen jederzeit, was andere tun und erwarten unbewusst, dass sie auch wissen, was wir tun. Das erzeugt das Gefühl, ständig „up to date“ sein zu müssen, da gewisse Inhalte wie Instagram-Stories nur begrenzte Zeit verfügbar sind. Dauerhafte Erreichbarkeit über unsere Handys macht soziale Alternativen jederzeit sichtbar. Push-Benachrichtigungen, neue Posts oder Nachrichten sorgen dafür, dass unser Alltag häufiger unterbrochen wird, was wiederum das Gefühl verstärken kann, etwas zu verpassen. Häufige Benachrichtigungen führen zu mehr Stress, mehr Ablenkung und stärkerem Checking-Verhalten. Dieser Mechanismus verlegt unseren Fokus weg von eigenen Bedürfnissen hin zu externen Signalen (Dwyer et al., 2018; Kushlev et al., 2016).

Smartphone mit Social-Media-Apps und Benachrichtigungen

Dopamin und Belohnung

Jeder Like, Kommentar, Post, jede neue Meldung oder Nachricht aktiviert das Belohnungssystem im Gehirn. Dopamin, das Glückshormon, welches auch bei Suchtverhalten eine Rolle spielt, wird ausgeschüttet (Graham, 2021). Diese kurzfristige Belohnung verstärkt das Bedürfnis „dranzubleiben“, sodass ewiges Weiterscrollen zur Gewohnheit wird. Milyavskaya et al. (2018) fanden enge Zusammenhänge von FOMO und Impulsivität, Ablenkung und geringer Selbstkontrolle, was die ständige Online-Präsenz zusätzlich begünstigt.

Welche Folgen hat FOMO (durch Social Media) für unsere psychische Gesundheit?

Lebenszufriedenheit, Selbstwert und Stimmung

Der ständige Vergleich mit den sorgfältig ausgewählten Bildern und Videos anderer lässt schnell das Gefühl entstehen, selbst nicht „genug“ zu sein. FOMO trägt genau zu diesem Eindruck bei: Je stärker sie ausgeprägt ist, desto geringer fallen Lebenszufriedenheit und Stimmung aus (Przybylski et al., 2013). Forschung zeigt zudem, dass Menschen mit hoher FOMO häufiger unter einem niedrigeren Selbstwert leiden (Roberts & David, 2019). Wird dieser Kreislauf aus Vergleich, Selbstzweifel und digitaler Dauerpräsenz nicht unterbrochen, kann er im Extrem sogar zu depressiven Verstimmungen beitragen (Adams & Kisler, 2013; Steers et al., 2014).

Angst, Stress und Einsamkeit

Die Sorge, „außen vor“ zu sein, zieht unsere Aufmerksamkeit oft noch stärker auf Social-Media-Plattformen. Das Ergebnis ist jedoch nicht mehr Nähe, sondern oft Einsamkeit: Wir sammeln zwar viele Kontakte im Netzwerk, erleben aber wenig echte soziale Verbundenheit (Roberts & David, 2019). Forschung zeigt deutlich, dass FOMO Stress auslöst, Angst verstärken kann und eng mit Einsamkeit verknüpft ist. Dieses Zusammenspiel belastet und kann sich langfristig negativ auf unsere psychische Gesundheit auswirken (Adams & Kisler, 2013; Burke et al., 2010; Milyavskaya et al., 2018).

Mädchen, das niedergeschlagen auf einem Bett sitzt

Schlafprobleme und Erschöpfung

Spätabends „nur noch schnell“ den Feed zu checken, wirkt harmlos, hat aber oft spürbare Folgen. Blaulicht, emotionale Aktivierung durch Bilder und Videos und die Menge an Informationen halten unseren Kopf wach, obwohl der Körper eigentlich zur Ruhe kommen möchte. Der Gedanke, etwas verpassen zu können, während man schläft, lässt viele gedanklich auf Empfang bleiben. Die Folge sind Einschlafschwierigkeiten, verkürzte Schlafdauer und Müdigkeit am nächsten Tag (Adams & Kisler, 2013; Adams et al., 2020; Milyavskaya et al., 2018).

Social Media Abhängigkeit und Ablenkung

FOMO setzt häufig einen Kreislauf in Gang, der sich schnell aufschaukeln kann: Die Angst, etwas zu verpassen, führt zu mehr Social-Media-Nutzung. Dort vergleichen wir uns mit den scheinbar erfüllteren Leben anderer, fühlen uns schlechter und greifen erst recht wieder zum Smartphone. So entsteht eine Spirale aus Angst, Vergleich und noch intensiverer Nutzung, die leicht in problematische Gewohnheiten und sogar Abhängigkeit kippen kann.

Studien zeigen zudem, dass FOMO die Fähigkeit, sich auf Aufgaben zu konzentrieren, deutlich beeinträchtigt (Milyavskaya et al., 2018). Gleichzeitig verstärkt FOMO das Bedürfnis, häufiger online zu sein, um sich verbunden zu fühlen (Roberts & David, 2019). Smartphone-Unterbrechungen führen auch dazu, dass die Freude an realen sozialen Interaktionen reduziert wird (Dwyer et al., 2018).

Wer ist besonders betroffen und wie erkenne ich FOMO?

Nur die jüngere Generation?

Studien zeigen, dass FOMO in allen Altersgruppen vorkommt, jedoch bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen häufiger auftritt (Milyavskaya et al., 2018). Diese Gruppe nutzt Social-Media-Plattformen wie Instagram intensiver und bezieht mehr Selbstwert aus digitaler Anerkennung (Przybylski et al., 2013). Erwachsene und Berufstätige erleben ebenfalls FOMO, besonders in Umgebungen, in denen digitale Sichtbarkeit eine Rolle spielt. Dies kann zum Beispiel in beruflichen Kontexten der Fall sein.

Zudem sind auch Merkmale, wie ein ohnehin schon geringes Selbstwertgefühl, hohe Vergleichsneigung und Einsamkeit von Bedeutung und stellen ein höheres Risiko für FOMO dar (ionos, o. J.; Przybylski et al., 2013).

Wie merke ich, dass ich betroffen bin?

Typische Merkmale und Anzeichen für FOMO sind:

  • Du fühlst dich unruhig und nervös, wenn du offline bist.
  • Du bist niedergeschlagen, wenn du mitbekommst, dass sich deine Freund:innen ohne dich treffen.
  • Du hast das Gefühl, dein Alltag sei langweiliger und schlechter als der anderer.
  • Du vergleichst dich regelmäßig mit anderen online: Dein Fokus landet oft auf deren Bildern, Videos, Klicks oder Reichweite-Zahlen.
  • Du fühlst dich nach Social-Media-Nutzung schlechter.
  • Du triffst Entscheidungen, um nichts zu verpassen, nicht weil du Lust darauf hast.

Was kannst du gegen FOMO tun?

Social Media ≠ Realität

Erinnere dich, dass Social-Media-Plattformen in Bildern und Videos die Höhepunkte des Lebens der anderen abbilden, nicht die Realität. Filter, Schnitte, Musik, bewusste Auswahl von Momenten … Frage dich, welche Informationen fehlen und welche Seite nicht gezeigt wird. Mache dir bewusst, dass jedes Leben auch Alltagsmomente hat, die unsichtbar bleiben. Diese Perspektive entlastet den Vergleich und legt den Fokus zurück zu dir und deinem Wert (Steers et al., 2014).

Offline-Phasen und Medienkompetenz

Plane dir feste Zeiten ohne Social-Media-Plattformen ein. Schon 30 Minuten weniger pro Tag können ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung sein und FOMO reduzieren (AOK, 2021). Schalte deine Benachrichtigungen aus und lege das Handy bewusst weg, etwa beim Essen oder im Schlafzimmer. Studien zeigen, dass Social-Media-Pausen das Wohlbefinden verbessern (Reed et al., 2023).

Auch ein achtsamer Umgang mit Social-Media-Plattformen kann FOMO entgegenwirken: Entfolge Seiten und lösche Apps, die dich stressen oder belasten, und lege deinen Fokus mehr auf Content, der dich stärkt. Nutze Anwendungen wie Zeitlimits oder „Fokus-Modus“.

Frau, die etwas in ein Tagebuch schreibt

Dankbarkeit und Selbstakzeptanz

Achte mehr auf das, was du hast, statt auf das, was dir fehlt. Dankbarkeitstagebücher sind eine Möglichkeit, um positive Emotionen zu fördern und Vergleichsdenken zu mindern. Schreibe zum Beispiel jeden Tag drei Dinge in ein Notizbuch auf, die dir gutgetan haben. Das verschiebt den Fokus vom Mangel („alle anderen“) zur Fülle in deinem Leben (ionos, o. J.).

Mehr Bewusstsein für reale Momente

Das Gegenkonzept von FOMO ist JOMO: Joy of Missing Out, die Vorteile des Nicht-Dabeiseins spüren. Bewusst ein Buch lesen, spazieren gehen, mit einer Freund:in treffen – alles ohne Social-Media-Plattformen. JOMO gilt als praktischer Rahmen, um Gewohnheiten zu verändern und die eigene Motivation wieder an eigenen Zielen statt an Signalen auszurichten (AOK, 2021).

Entscheidungen Zeit lassen

Erkenne, dass Unternehmen FOMO gezielt nutzen und stelle dir die Frage: Würde ich das auch ohne „Nur heute“ oder „Nur noch 2 Stück verfügbar“ wollen? Eine einfache 24-Stunden-Regel für Webkäufe kann dabei helfen, Impulskäufen entgegenzuwirken.

Auch bei größeren Lebensentscheidungen wie Jobangeboten, Umzügen, Anschaffungen oder sozialen Verpflichtungen kann es entlasten, sich bewusst Zeit einzuräumen. Wenn wir nicht sofort reagieren müssen, sondern den inneren Druck kurz abklingen lassen, treffen wir Entscheidungen klarer, selbstbestimmter und weniger aus Angst, etwas zu verpassen.

Hilfe suchen

Wenn FOMO dein Leben stark beeinflusst und du merkst, dass du dich häufig niedergeschlagen und belastet fühlst, kann auch professionelle Hilfe sinnvoll sein. In Österreich erreichst du:

  • TelefonSeelsorge: 142 (kostenfrei, rund um die Uhr)
  • Rat auf Draht: 147 (für Kinder und Jugendliche)

Fazit

FOMO ist vor allem eins: menschlich. Die Grundlage entsteht im echten Leben und entspringt unserem Wunsch nach Zugehörigkeit und unserem empfindlichen System für sozialen Ausschluss. Insbesondere Social-Media-Plattformen nutzen diese Grundlage, indem sie unsere Aufmerksamkeit binden, emotionale Beiträge mit hoher Interaktion nach oben spülen und so Reichweite und Einsatz maximieren.

Das muss uns jedoch nicht hilflos machen. Wenn wir verstehen, wie Social-Media-Plattformen auf uns wirken, können wir Grenzen setzen, Gewohnheiten ändern und somit bewusst wählen, welche Quellen wir auf welche Art und Weise konsumieren wollen. Am Ende geht es nicht darum, überall dabei zu sein, sondern darum, im Hier und Jetzt zu leben und sich auf sich selbst zu konzentrieren.

Quellen

Adams, S. K., & Kisler, T. S. (2013). Sleep quality as a mediator between technology-related sleep quality, depression, and anxiety. Cyberpsychology, Behavior, and Social Networking, 16(1), 25–31. doi:10.1089/cyber.2012.0157

Adams, S. K., Murdock, K.K., Daly-Cano, M., & Rose, M. (2020). Sleep in the Social World of College Students: Bridging Interpersonal Stress and Fear of Missing Out with Mental Health. Behavioral Science, 10(2), 54. doi: 10.3390/bs10020054

AOK. (2021). JOMO gegen FOMO: Tipps gegen die Fear of Missing Out. Abgerufen am 13. November 2025, von https://www.aok.de/pk/magazin/koerper-psyche/psychologie/jomo-gegen-fomo-tipps-gegen-die-fear-of-missing-out/

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Przybylski, A.K., Murayama, K., DeHaan, C.R., & Gladwell, V. (2013). Motivational, emotional, and behavioral correlates of fear of missing out. Computers in Human Behavior, 29, 1841-1848. doi: 10.1016/j.chb.2013.02.014

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Zeit für Veränderung

Reißen wir die Mauern des Schweigens gemeinsam ein und schaffen eine inklusive Gesellschaft, in der psychische und physische Erkrankungen gleichermaßen akzeptiert und unterstützt werden.

Mag. Raphaela Vallon-Sattler
C.Mikes