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Weniger Scrollen, mehr Leben: Dein Weg zu digitalem Wohlbefinden
Smartphones und Feeds sind großartig! ... bis sie unseren Tag beherrschen, den Abend verlängern und den Kopf nicht mehr zur Ruhe kommen lassen. In diesem Blogbeitrag geht es um digitales Wohlbefinden. Wir zeigen auf, wie Social Media und Smartphones so genutzt werden können, dass sie Personen dienen, statt sie zu treiben. Wir schauen, warum wir gerade abends leichter nachgeben, was Entscheidungsmüdigkeit damit zu tun hat und wie kurze, reizarme Pausen überraschend oft die besten Ideen hervorbringen. Ein Blick in die Forschung erklärt, warum schon kleine Schritte in zwei bis vier Wochen messbar wirken.

Benachrichtigungstöne: kleine Pings, große Ablenkung
App-Notifikationen sind wie Mini-Unterbrechungen. Sie reißen deine Aufmerksamkeit aus der Aufgabe: Oft schon dann, wenn nur der Ton oder die Vibration ertönt, ohne dass du etwas tust. In einem kontrollierten Experiment zeigten Personen nach eingehenden Smartphone-Hinweisen deutlich schlechtere Leistungen in einer Aufmerksamkeitstestaufgabe und machten mehr Fehler, obwohl sie die Nachricht gar nicht öffneten (Stothart et al., 2015).
Auch „draußen im echten Leben“ sehen wir die Last der Pings: Uns erreichen dutzende Benachrichtigungen pro Tag, vor allem aus Messenger-Apps und jede Einzelne ist ein potenzieller Aufmerksamkeits-Schnitt. Gleichzeitig zeigen Feldstudien ein wiederkehrendes Muster: Wer Push-Benachrichtigungen testweise komplett abstellt, berichtet mehr Ruhe und Fokus. Nach Ende der Intervention aktivieren viele die Benachrichtigungen jedoch selektiv wieder. Nicht aus Lust auf Ablenkung, sondern wegen Erreichbarkeitsnormen im Job, Koordinationsaufwand mit Team und Familie sowie der Sorge, Wichtiges zu verpassen (Pielot el al., 2018). Die praktikable Konsequenz ist deshalb kein Alles-oder-Nichts, sondern gezieltes Kanalisieren: nur Prioritätskontakte durchlassen, Benachrichtigungen zeitlich bündeln und feste Abrufzeiten definieren.
So gehst du clever mit App-Benachrichtigungen um
- Töne & Vibrationen deaktivieren: Lasse akustische/haptische Signale nur für wenige, wirklich dringende Kontakte aktiv. So reduzierst du die automatische Start-Reaktion, die Performance kostet.
- Benachrichtigungen bündeln: Stelle eine zeitgesteuerte Zusammenfassung ein (Systemfunktionen wie „Mitteilungs-Zusammenfassung“/„Benachrichtigungs-Zusammenfassung“) und prüfe gebündelt zu festen Zeiten.
- Ausnahmen definieren: Erlaube nur Anrufe/Nachrichten von Favoriten, alles andere stumm. Kombiniere das mit Fokus- oder „Nicht stören“-Profilen während Deep-Work-Phasen.
- App-Badges & Vorschauen aus: Entferne rote Zähler und deaktivierte Vorschauen auf dem Sperrbildschirm. Weniger visuelle Reize = weniger unbewusste „Zieher“.
Digitale Bremsen: So bändigst du Reize
Moderne iOS- und Android-Funktionen sowie Tools in Apps wie Instagram oder YouTube helfen, Reize zu drosseln, Benachrichtigungen zu ordnen und feste Grenzen zu setzen. Das Ergebnis sind weniger Unterbrechungen am Tag, klarere Fokusphasen und ein sanfteres Runterfahren am Abend. Der Bonus: Viele Einstellungen laufen automatisiert im Hintergrund, machen Fortschritte messbar und kosten dich im Alltag kaum Willenskraft.
System-Hebel: iOS & Android schlaffreundlich einstellen
Sowohl Apple als auch Android bringen inzwischen solide Werkzeuge mit, um den tagsüber Fokus zu halten und abends herunterzufahren. Auf iOS findest du unter Bildschirmzeit App-Limits, Auszeit für feste Offline-Fenster und Fokus-Modi (Arbeit, Schlaf, Persönlich) mit gefilterten Benachrichtigungen und erlaubten Apps/Kontakten. Die Schlaf-Funktion in der Health-App setzt einen Schlafplan, koppelt automatisch den Schlaf-Fokus und blendet Ablenkungen aus. Fürs Licht: Night Shift, Dunkelmodus und optional „Weißpunkt reduzieren“. Auf Android bündelt digitales Wohlbefinden App-Timer, den Fokusmodus, nicht stören, mit Ausnahmen sowie den Schlafenszeit-Modus mit Graustufe/Nachtlicht und stummgeschalteten Mitteilungen. Viele Geräte bieten außerdem Arbeits-/Privat-Profile, sodass Job-Apps außerhalb der Arbeitszeit automatisch ruhen.
Tipp: Richte dir tagsüber einen Work-Fokus/Focus Mode mit nur wenigen erlaubten Apps ein und abends einen Schlaf-Fokus/Bedtime Mode, der Licht, Töne und Banner konsequent zähmt.

App-Hebel: Instagram, YouTube & Co. zügeln
Auch in Social-Media-Apps kannst du Grenzen setzen. Instagram zeigt unter deiner Aktivität deine Verweildauer, bietet tägliche Zeitlimits mit Erinnerung, „Take a Break“-Hinweise nach längeren Sessions, Ruhemodus und feine Mitteilungs-Schalter. YouTube hat „Mach eine Pause“-Erinnerungen, Schlafenszeit-Reminder und die Möglichkeit, Autoplay zu deaktivieren. Auch TikTok bietet Bildschirmzeit-Management mit täglichen Limits, Pausen- und Schlaf-Erinnerungen; auf Wunsch mit Code geschützt. Die Social Media Plattform Facebook zeigt deine Zeit auf der App, hat einen Ruhemodus und Benachrichtigungs-Zeitpläne. Stell dir pro App ein tägliches Limit und einen abends stummen Zeitraum ein, deaktiviere Pushs für Likes/Views und lass dir nur Nachrichten wichtiger Kontakte durch. Zwei bis drei gut gesetzte Schalter reichen oft, um Feeds planbar zu machen und den Kopf spürbar zu beruhigen.
Warum Smartphones das Signal übertönen
Nicht nur soziale Medien, sondern auch nicht-soziale Routinen wie ein permanentes Checken von Benachrichtigungen, zielloses Scrollen oder App-Hopping zerteilen die Aufmerksamkeit in viele Fragmente. Elhai (2017) weist auf, dass überdurchschnittliche Smartphonenutzung mit depressiver Symptomatik und Angst verknüpft ist. Das sind überwiegend Zusammenhänge und keine einfachen Kausalbeweise, sie sind aber konsistent und repliziert. Praktisch spürbar wird das an Mikro-Gewohnheiten wie dem automatischen Entsperren in Wartezeiten. Wenn der Griff zum Bildschirm ausbleibt, taucht kurz Stille auf. In dieser Stille beginnt die Orientierung. Wer sie zulässt, hat eher Zugriff auf innere Prioritäten und greift seltener zu kurzfristiger Betäubung.
In wenigen Wochen zeigen kleine Grenzen spürbare Effekte
Mehrere Studien zeigen klar, dass bereits kleine, gut definierte Schritte in kurzer Zeit Wirkung entfalten. Wer für einige Wochen feste Grenzen setzt, bemerkt oft Verbesserungen beim Wohlbefinden, Fokus und Schlaf. Entscheidend sind einfache Regeln, ein fester Zeitraum und kurze Selbstbeobachtung. Was hat sich nach zwei bis vier Wochen verändert? Die folgenden Ergebnisse geben eine konkrete Orientierung:
- In einer großen US-Feldstudie wurden aktive Facebook-Nutzer:innen per Zufallsauswahl gebeten, ihr Konto für vier Wochen zu deaktivieren. Gemessen wurde unter anderem subjektives Wohlbefinden, Zeitnutzung und Medienkonsum vor, während und nach der Intervention. Das Ergebnis: Teilnehmende berichteten leichte, aber robuste Zugewinne im Wohlbefinden und verlagerten Zeit in Offline-Aktivitäten (z. B. mehr persönliche Kontakte, Hobbys). Gleichzeitig sanken Bildschirmzeit und die Bereitschaft, Facebook nach der Studie im alten Umfang zu nutzen (Allcott et al., 2020).
- Wer seine Social-Media-Nutzung auf etwa 30 Minuten pro Tag beschränkt, zeigt nach drei Wochen geringere Einsamkeit und Depressivität (Hunt et al., 2018). In einem randomisierten Drei-Wochen-Experiment begrenzte die Interventionsgruppe ihre Nutzung von Facebook, Instagram und Snapchat auf insgesamt ca. 30 Minuten/Tag. Gegenüber der Kontrollgruppe zeigte sie geringere Einsamkeit und weniger Depressivität nach drei Wochen; zusätzlich gingen FOMO (Fear of missing out)-Gefühle zurück. Effekte waren klein bis moderat, aber schnell spürbar und alltagsnah erreichbar – wichtig: Es ging nicht darum, die Medien nicht zu nutzen, sondern um eine klare Obergrenze zu setzen.
- In Österreich verzichteten 69 Schüler:innen im Rahmen einer ORF Dok 1 Sendung drei Wochen lang vollständig auf das Smartphone. Laut Auswertung stieg das psychische Wohlbefinden nach drei Wochen um mehr als 30 Prozent. Zu Beginn berichteten einige Jugendliche über Entzugserscheinungen wie Kopfschmerzen, Unruhe und Schlafprobleme. Rund ein Drittel der Teilnehmenden, die durchgehalten hatten, entdeckte neue Hobbys. Zudem blieb bei einem Teil die Bildschirmzeit auch nach dem Experiment niedriger. Die Studie zeigt: Drei Wochen konsequenter Handyverzicht können das Wohlbefinden deutlich erhöhen und neue Offline-Gewohnheiten anstoßen (Beer, 2025).
Doomscrolling: wenn negative Nachrichten nicht enden
Begrenzungen helfen, aber sie lösen nicht das Kernproblem, das in vielen Feeds steckt. Feeds sind auf Endlosigkeit, Neuheit und emotionale Aufladung optimiert. Bleiben klare Regeln aus, kippt das beiläufige Scrollen leicht in ein Muster, das unsere Aufmerksamkeit gezielt an negative Inhalte bindet und die Stimmung spürbar drückt. Dieses Muster nennt man Doomscrolling und es lohnt sich, es genauer anzuschauen. Unter Doomscrolling versteht man das gewohnheitsmäßige Suchen und fortgesetzte Konsumieren negativer Nachrichten in sozialen Feeds. Empirisch lässt sich dieses Muster von bloßer Nutzungsdauer trennen: Es stellt sich heraus, dass Doomscrolling eine immersive, auf Bedrohungen fokussierte Form des Scrollens ist und sich zuverlässig von allgemeiner Social-Media-Nutzungsdauer und generellem Nachrichteninteresse abgrenzen lässt (Sharma et al., 2022). Methodisch bedeutet das: Wir sprechen nicht nur über „viel Handy“, sondern über eine spezifische Aufmerksamkeitsgewohnheit, die messbar ist.
Mit Blick auf Folgen zeigt die Forschung konsistente Zusammenhänge: Höhere Doomscrolling-Ausprägungen gehen mit mehr existenzieller Angst sowie pessimistischeren Annahmen über die menschliche Natur einher. Diese Befunde sind korrelativ, stützen aber die Annahme, dass eine dauerhafte Fokussierung auf bedrohliche Inhalte nicht nur die momentane Stimmung belastet, sondern auch Weltbilder verzerren kann (Sharma et al., 2022; Shabahang et al., 2024).
Praktische Implikationen lassen sich daraus ableiten: Anstelle dauernder Feeds empfehlen sich zeitlich begrenzte Nachrichtenfenster und kuratierte Quellen, um die Exposition gegenüber negativem Endlos-Content zu reduzieren. Ein vorab definiertes Stopp-Signal (z. B. Timer oder „drei Artikel, dann Schluss“) unterstützt die Selbststeuerung. Eine kurze Selbstabfrage vor dem Öffnen („Suche ich Information oder Betäubung.“) kann helfen, impulsives Doomscrolling zu unterbrechen.

Warum wir abends nachgeben: Entscheidungsmüdigkeit und Schlaf
Wenn Feeds unsere Aufmerksamkeit den ganzen Tag aufgeladen halten, bleibt am Abend oft nur noch der Autopilot: scrollen, klicken, weiter. Aus dem doomscrolling-getriebenen „Nur noch kurz schauen“ wird schnell eine Stunde, weil die innere Bremse nachlässt. Genau hier trifft das Muster auf einen zweiten, gut erforschten Mechanismus: Entscheidungsmüdigkeit. Sie erklärt, warum wir besonders spät am Tag häufiger nachgeben und den Schlaf hinauszögern. Entscheidungsmüdigkeit bedeutet, dass nach vielen kleinen Entscheidungen unsere Selbstkontrolle nachlässt und wir häufiger zur bequemen, sofort belohnenden Option greifen. Abends kommt Müdigkeit dazu. Energie und Aufmerksamkeit sind niedriger, wir sind weniger streng mit uns und gönnen uns zur Belohnung noch ein paar Minuten am Handy, die dann schnell zum Endlos-Scrollen werden.
Passend dazu zeigt die Bedtime-Procrastination-Forschung, dass erschöpfte Selbstregulation das späte Ins-Bett-Gehen begünstigt. In einem Tagebuch- und Querschnittsdesign fanden Forschende, dass Personen an Abenden später ins Bett gehen, wenn sie tagsüber viele Verlockungen aktiv unterdrückt hatten (Kamphorst et al., 2018). Mit anderen Worten: Je leerer die mentalen Akkus, desto eher verschiebt sich die Bettzeit und die geplante Schlafenszeit wird überzogen. Praktisch heißt das, wichtige Entscheidungen vorher zu automatisieren und abends weniger Willenskraft zu benötigen: feste Offline-Fenster, aktivierte Fokus- oder Schlafmodi und eine einfache, wiederkehrende Abendroutine, die ohne Nachdenken abläuft.
Dein Abendritual als Game-Changer
Abendliche Bildschirmnutzung kann Schlaf beeinträchtigen, und Schlaf wiederum beeinflusst die Stimmung und kognitive Leistungsfähigkeit. Wenn der Abend voller Reize ist, verschiebt sich unser innerer Takt, das Ein- und Durchschlafen wird schwerer und am nächsten Tag fehlt die kognitive Schlagkraft. Umgekehrt wirkt guter Schlaf wie ein Multiplikator: Gefühle sind ausgeglichener, Entscheidungen klarer, Ideen zugänglicher. Folgende zwei Studien zeigen, welche Auswirkungen die Mediennutzung auf den Schlaf hat:
- Eine randomisierte Pilotstudie von He et al. (2020) hat untersucht, was passiert, wenn man die Smartphone-Nutzung kurz vor dem Schlafen einschränkt. 38 Studierende wurden per Zufall einer Gruppe zugeteilt, die 30 Minuten vor dem Zubettgehen konsequent kein Smartphone benutzte, oder einer Kontrollgruppe ohne Vorgaben. Über vier Wochen erfassten die Forschenden u. a. Schlafdauer und Einschlaf-Latenz, Schlafqualität, prä-schlafliche Erregung, Stimmung sowie Arbeitsgedächtnis. Ihre Ergebnisse: In der Interventionsgruppe verkürzte sich die Einschlafzeit, die Schlafdauer nahm zu, die Schlafqualität verbesserte sich, prä-schlafliche Unruhe nahm ab und der positive Affekt stieg. Zudem schnitt die Gruppe im Arbeitsgedächtnis besser ab als die Kontrollgruppe. Allein 30 Minuten ohne Smartphone vor dem Schlafen können Schlafdauer, -qualität und morgendliche geistige Frische spürbar verbessern. Praktisch heißt das: Telefon rechtzeitig außer Reichweite legen, analogen Wecker nutzen und die Wirkung zwei bis vier Wochen beobachten.

- Chang et al. (2014) konnten beweisen, dass ein kurzwelliger Lichtanteil am Abend Melatonin (Schlafhormon) unterdrückt, das Einschlafen verzögert und die Morgenfrische mindert. Wenn man genug schläft, ist die Stimmung stabiler, die Aufmerksamkeit fokussierter und die Ideen zugänglicher. Umgekehrt kann abendliches Bildschirmlicht diesen Takt verschieben. Die Studie verglich deshalb das Lesen auf einem licht emittierenden E-Reader am Abend mit dem Lesen eines gedruckten Buchs – jeweils mehrere Stunden vor dem Zubettgehen, in einem innerhalb-Personen-Design, mit standardisierten Messungen der inneren Uhr, des Schlafs und der Wachheit. Die Ergebnisse zeigten: Beim E-Reader wurde die Melatoninausschüttung abends gedämpft, Teilnehmende brauchten länger zum Einschlafen und fühlten sich am nächsten Morgen weniger wach als nach der Print-Bedingung. Wer abends auf leuchtstarke Displays verzichtet oder auf Papier wechselt, schüttet eher Melatonin aus, schläft schneller ein und startet wacher in den Tag. Den Bildschirm rechtzeitig dimmen oder weglegen und die letzte Lesephase analog gestalten.
Eine gute Nacht beginnt am Bildschirm
Blaues Licht ist nur die halbe Wahrheit. Für den Schlaf zählt vor allem, wie stark ein Bildschirm am Abend den Melanopsin-Signalweg anregt. Fachleute sprechen von der melanopischen Beleuchtungsstärke. Sie beschreibt, wie viel „Wach-Signal“ von deinem Display bei den lichtempfindlichen Zellen in der Netzhaut ankommt. Je höher diese Last, desto später startet die Melatoninausschüttung und desto länger brauchst du zum Einschlafen (Schöllhorn et al., 2023). Praktisch heißt das: Helligkeit runter, warme Farbtemperatur wählen, Abstand vergrößern und die Nutzungsdauer am Abend begrenzen.
Mindestens so wichtig wie das Licht ist der Inhalt. Nicht jede Bildschirmminute wirkt gleich. Eine kurze Session mit ruhigen, neutralen Inhalten kann unauffällig sein. Lange Scroll-Strecken, Benachrichtigungen im Minutentakt, hitzige Diskussionen oder spannende Serien erhöhen dagegen die innere Unruhe und schieben das Zu-Bett-Gehen nach hinten. Es ist also nicht „Soziale Medien an sich“, sondern die Mischung aus Timing, Dauer, Helligkeit und emotionaler Erregung, die den Unterschied macht.
Für den Alltag hilft ein doppelter Ansatz. Optimiere zuerst das Licht: abends dimmen, Night-Shift aktivieren, indirektes Raumlicht nutzen. Zähme dann die Inhalte: Push-Signale aus, eine klare letzte Online-Phase setzen, ruhige Formate wählen, etwa ein kurzer Artikel oder ein digitales Leselicht mit Warmton. Wer beides kombiniert, verkürzt oft die Einschlafzeit und startet spürbar wacher in den nächsten Tag, ohne komplett auf digitale Medien verzichten zu müssen.
Dein persönlicher Mini-Guide
Diese fünf Tipps werden deinem Nervensystem Ruhe verschaffen und so den Grundrhythmus aus Anspannung und Erholung stabilisieren. Dein Gehirn bekommt Zeit, Eindrücke zu sortieren, Erinnerungen zu festigen und neue Verknüpfungen zu bilden. Das fühlt sich nicht nur besser an, sondern verbessert ganz konkret Aufmerksamkeit, Motivation und Entscheidungsfähigkeit. So entsteht Schritt für Schritt mehr Energie am Tag, mehr Klarheit im Kopf und mehr Platz für das, was dir wichtig ist.
Offline-Fenster einplanen
Eine Reduktion der täglichen Screen-Time um dreißig bis sechzig Minuten. Dafür können feste, wiederkehrende Zeitblöcke festgelegt werden. Zum Beispiel jeden Tag die erste halbe Stunde nach dem Ankommen zu Hause oder die Mittagspause ohne Handy. App-Limiter helfen als äußere Grenze, noch wirksamer sind Wenn-dann Pläne. Zum Beispiel: Wenn ich in der U-Bahn sitze, dann bleibt das Telefon in der Tasche und ich schaue aus dem Fenster. Außerdem ist die Erwartungshaltung entscheidend, deshalb lieber keine Wunder über Nacht erwarten.
Auch Ersatzhandlungen für die Hände können etwas Abhilfe schaffen, damit die Hände etwas zu tun haben und nicht automatisch zum Smartphone greifen. Eine kurze Notiz schreiben, einen Schluck Wasser trinken, zwei Minuten sich strecken. So bleibt das Offline-Fenster ruhig und nutzbar.
Abendstunde screenfrei
Die letzte Stunde vor dem Schlafen gehört einem selbst. Das Smartphone kann hier in einen anderen Raum gelegt und ein analoger Wecker zum Aufstehen kann verwendet werden. Eine kleine Routine, die immer gleich beginnt, kann auch helfen, sich nicht übermäßig dem Smartphone zuzuwenden.
Zum Beispiel: Zähneputzen, Licht dimmen, drei Dinge notieren, für die du dankbar bist oder fünf Seiten in einem Buch lesen. Diese Konsistenz signalisiert dem Körper, dass der Tag zu Ende geht. Wenn berufliche Gründe ein Telefon im Schlafzimmer nötig machen, kann der Flugmodus oder Benachrichtigungsfilter aktiviert und das Gerät außerhalb der Reichweite gelegt werden. Gute Nächte sind kein Luxus. Sie sind ein Verstärker für Stimmung, Gedächtnis und Kreativität.

Mini-Pausen für Einfälle
Dem Kopf zweimal täglich fünf bis zehn Minuten Leerlauf geben, kann eine solche Mini-Pause sein. Zum Beispiel: Kurz an die frische Luft gehen, ohne das Handy. Das ist kein Zeitverlust, sondern eine Investition in die Ruhe und auch neue Ideen. Wichtig ist die Reizarmut: Kein Scrollen, kein schneller Dopamin-Kick.
Negativ-Feed hinterfragen
Bevor man in den Newsfeeds abtaucht, kurz innehalten und sich diese Selbstfrage stellen: Suche ich gerade Sinn oder Betäubung? Wenn Betäubung die ehrlichere Antwort ist, sollte die App geschlossen werden, dreimal ruhig ein- und ausgeatmet und eine Alternative gesucht werden. Eine Person anrufen, zwei Minuten bewegen, ein Glas Wasser trinken oder eine kurze Notiz schreiben. Außerdem können feste Zeitfenster für Nachrichten festgelegt werden und ein bis zwei seriöse Quellen als Nachrichtenkonsum begrenzt werden.
Erfolg sichtbar machen
Tägliche Notizen helfen dabei, die Erfolge sichtbar zu machen und sich vor Augen zu führen, was man bereits geschafft hat. Notiere täglich Stimmung, Schlaf und Fokus auf einer einfachen Skala und ergänze die beste Idee des Tages. Halte fest, wie gut die Offlinefenster und die screenfreie Abendstunde geklappt haben. Einmal pro Woche kann ein Mini-Fazit gezogen werden: Was hat messbar geholfen, was hat gestört, was passe ich nächste Woche an? Wenn eine Regel häufig scheitert, kann sie kleiner, oder klarer statt strenger gemacht werden. Zum Beispiel 20 statt 60 Minuten offline oder „kein Handy im Bett“ statt „gar keine Screens am Abend“ und verknüpfe sie mit einer bestehenden Routine, damit sie automatisch mitläuft. Ausrutscher sind nichts weiter als Datenpunkte, und kein großes Drama: So bleibt der Prozess freundlich und nachhaltig. Kleine Häkchen schaffen Momentum, zeigen Trends statt Momentaufnahmen und helfen dir, die Routinen beizubehalten, die spürbar gut tun.
Fazit: Digital minimal, mental maximal
Soziale Medien sind nicht per se das Problem, aber ihre Logik aus Endlosfeed, Benachrichtigungen und ständig neuen Reizen zerschneidet Aufmerksamkeit, drückt auf die Stimmung und frisst die tägliche Abendruhe. Studien zeigen: Schon kleine Änderungen machen einen Unterschied. Weniger Scrollen verbessert das Wohlbefinden, bündelt Zeit für echte Kontakte und hilft beim Einschlafen. Wer abends Licht und Inhalte zähmt, startet klarer in den nächsten Tag. Kurz gesagt: Bring deinen Feed in Balance und du gewinnst Fokus, Schlaf und Kreativität zurück.
Quellen
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